Die höchstgelegene Wasserstraße Europas

Der insgesamt 171 Kilometer lange Main-­Donau-Kanal wurde am 25. September 1992 für den Verkehr frei­gegeben. Er beginnt in Kelheim an der Donau, verläuft dann durch das Altmühl­tal und über das Mittelgebirge des fränkischen Jura. In diesem Bereich ist er die höchstgelegene Wasserstraße Europas (406 Meter über dem Meeres­spiegel). Er erstreckt sich weiter nach Nürnberg, geht dann bei Forchheim in die Regnitz über, um 7 Kilometer unter­halb Bambergs die Verbindung zum Main herzustellen.

Mit nur 16 Schleusen überwindet der Kanal einen Höhenunterschied von insgesamt 243 Metern. Die Schleusen zählen mit einer Hubhöhe von bis zu 24,70 Metern und einer Nutzlänge von maximal 190 Metern zu den größten und modernsten Bau­werken ihrer Art in Europa. Für den Main-Donau-Kanal wurden dazu auch eigens eine Reihe technischer Innovation­en entwickelt. Diese werden bis heute als Spitzen­leistungen im internationalen Wasser­straßenbau eingestuft. Dazu zählen vor allem die zum Sparen von Wasser entwickelten sogenannten Sparschleu­sen. Diese Schleusenanlagen verfügen über Speicher­becken in drei verschie­denen Höhenlagen, in denen das Wasser nach einem Schleusungsvor­gang gespeichert werden kann. So können insgesamt zwei Drittel der Wassermenge gespeichert und beim nächsten Durchgang wieder verwendet werden.

Bedeutung für Europa und Bayern

Europa begegnet sich in Bayern: Mit der Fertigstellung der Rhein-Main-Donau-Wasserstraße besteht ein durchgängiger Schifffahrts­weg quer durch Europa. Das entscheidende Bauwerk für diese lückenlose Durch­gängig­keit zwischen Rhein und Donau ist der Main-Donau-Kanal.

Ein Kanal für zahlreiche Handelswege

Bayern hat damit einen direkten Anschluss an die Nordseehäfen und in die Schwarzmeer-Region. Die Wirt­schafts­räume des Rhein-Main-Gebietes werden mit Österreich, Ungarn und den neuen EU-Staaten im Südosten Europas verbunden. Warenaustausch in alle Rich­tungen wird möglich. Über die 3.500 Kilometer lange Wasserstraße sind 15 europäische Staaten wirtschaftlich unmittelbar vernetzt. Nach der Überwindung der politischen Teilung trägt sie maßgeblich mit dazu bei, dass Wirtschaftsräume zusammen­wachsen. Die wirtschaft­liche Bedeu­tung des Main-Donau-Kanals liegt darin, dass binneneuropäische Handelswege und zahlreiche weitere Häfen im euro­päischen Binnenland erschlossen und miteinander verbunden wurden.

Die Schifffahrt als Industriefaktor

Die Kanalhäfen Nürnberg und Kelheim haben sich in kürzester Zeit zu moder­nen Güterverteilungszentren entwickelt. Allein in Nürnberg entstanden so an der Wasserstraße mehr als 5.000 neue Arbeitsplätze. Ein weiterer damals nicht in dieser Form erwarteter Erfolgsfaktor des Main-Donau-Kanals ist die „Weiße Flotte“ mit der Fahrgastschifffahrt. Die Schifffahrts­touren durch Bayern boomen derzeit regelrecht und sorgen so selbst an kleinen Haltepunkten für wichtige Wert­schöpfungs­impulse in der Region.

Neue Naturräume als beliebte Tourismusgebiete

Das Gesamtprojekt Main-Donau-Kanal kostete 4,7 Milliarden D-Mark (heute rund 2,3 Mrd. €). Etwa 20 Prozent davon flossen in ökologische Maßnahmen. Nicht zu leugnen ist die Tatsache, dass sich das Landschaftsbild im Altmühltal durch den Verlauf des Kanals geändert hat. Dennoch zeigt die ökologische Beweis­sicherung, dass jetzt ein Natur­raum ent­standen ist, der hinsichtlich Flora und Fauna im Vergleich zu früher auch dazugewonnen hat. Doch nicht nur die Natur profitiert von der gelun­genen Landschaftsgestaltung. Der neu entstandene Freizeit- und Erholungs­wert ist so groß, dass der Tourismus entlang des Kanals mittlerweile zu einem der wichtigsten Wirtschafts­faktoren der Region geworden ist.

Wasserüberleitung nach Nordbayern

Neben seiner Funktion als Schifffahrts­straße dient der Kanal auch der Was­ser­überleitung aus dem Donau­gebiet in die wasserarmen Regionen Nordbay­erns. Rund 125 Millionen Kubikmeter (das ist fast so viel Wasser wie der Kochelsee enthält) werden jährlich über den Main-Donau-Kanal aus dem bis ins Hochgebirge reichenden Einzugsgebiet der Donau Richtung Nürnberg und Nordbayern gepumpt.

Historisches

Fossa Carolina, der Ludwig-Donau-Main-Kanal und die Vorläufer der heutigen Kanaltrasse

Die Fossa Carolina

Bereits viele Jahrhunderte vor dem Bau des Main-Donau-Kanals dachten findige Ingenieure darüber nach, die großen Ströme Rhein und Donau unter Einbe­ziehung des Mains und weiterer kleine­rer Gewässer zu verbinden. Zuallererst hat der Gedanke einer Verbindung von Rhein und Donau Karl den Großen fas­ziniert. Im Jahr 793 wurde unter seiner Leitung versucht, durch einen Kanal zwischen Rezat und Altmühl die Wasser­scheide zwischen Nordsee und Schwarzem Meer zu überwinden.

Noch heute zeugen Reste dieser als „Fossa Carolina“ bzw. „Karlsgraben“ in die Geschichte eingegangenen Wasser­straße bei der Ortschaft Graben in der Nähe von Treucht­lingen von diesem Versuch. Am nördlichen Ortsrand von Graben sind noch heute Reste des Karlsgrabens erhalten, der sich ehe­mals in Richtung Weißenburg erstreck­te. Wenn man so will, stellt der „Karls­graben“ den ersten Spatenstich unserer heutigen europäischen Wasserstraße dar.

Bisher konnte im Übrigen nicht festge­stellt werden, ob die Verbindung zwi­schen Rhein und Donau tatsächlich gelang und jemals Schiffe fuhren.

Der Ludwig-Donau-Main-Kanal

Im Jahr 1825 wurde der ehrgeizige Plan einer Wasserstraßenverbindung vom damaligen König Ludwig I, König von Bayern, wieder aufgegriffen. In nur 10 Jahren Bauzeit (1836 - 1845) entstand der Ludwig-Donau-Main-Kanal zwischen Bamberg und Kelheim.

Teile dieses Kanals, der mit seinen 100 Schleusen auf knapp 173 Kilometern Länge bis in die Mitte des letzten Jahr­hunderts bestand, sind noch heute zu besichti­gen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Bedeutung erlangte der Ludwig-Donau-Main-Kanal indes nicht, da der Main nicht schifffahrtsgerecht ausgebaut war und sich so kein durchgehender Verkehr herstellen ließ. Der Ludwig-Donau-Main-Kanal und einige zugehöri­ge teils imposante Bauwerke wie Trog­brücken sind heute noch an vielen Stellen inklusive der Wasserbecken und Schleusenanlagen wie im Ursprung erhalten.

Die Trassenfindung des Main-Donau-Kanals

Für den Main-Donau-Kanal wurden so­mit über mehrere Jahrhunderte di­verse Trassen angedacht, untersucht und in Teilen sogar vorgeplant und begonnen. Auf der sogenannten „Mindorf Linie“ finden sich in der Land­schaft zwischen Pyras und Mindorf noch heute einige Bauwerke, die für die um 1940 geplante Kanaltrasse errichtet wurden. Diese Trasse wurde jedoch nach Ende des dritten Reichs nicht mehr weiterverfolgt und stattdessen die heutige Trasse geplant und realisiert.